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Krankheitsbild Nierenzellkarzinom

Grundlagen

Als Nierenzellkarzinome bezeichnet man bösartige Tumoren, die von den Zellen des Funktionsgewebes (Parenchym) der Niere ausgehen. Je nach Wachstumsmuster und Aussehen der bösartigen Zellen werden sie in mehrere Kategorien eingeteilt.

Davon unterschieden werden bösartige Tumoren, die sich in der Niere befinden, ihren Ursprung jedoch von anderen Zellen nehmen. Hierzu gehören unter anderem das Urothelkarzinom des oberen Harntraktes, das Nephroblastom (Wilms-Tumor) sowie Krebserkrankungen des Stützgewebes (Sarkome). Häufige gutartige Tumore sind das Onkozytom und das Angiomyolipom. Gelegentlich finden sich auch Tochtergeschwülste (Metastasen) von bösartigen Tumoren anderer Organe wie etwa Brustkrebs, Lungenkrebs oder Hautkrebs in den Nieren.

Häufigkeit

Das Nierenzellkarzinom ist ein relativ seltener Tumor. In Österreich erkranken pro Jahr etwa 1200 Personen an einem Nierenzellkarzinom, etwa 500 Personen versterben daran jährlich. Am häufigsten tritt die Erkrankung zwischen dem 60. und dem 80. Lebensjahr auf, Männer sind etwas öfter betroffen als Frauen. In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit des Nierenzellkarzinom zugenommen. Zumindest teilweise lässt sich dieser Anstieg durch eine größere Anzahl zufällig entdeckter Tumoren erklären. Diese fallen nicht selten im Rahmen von Untersuchungen (Ultraschall, Computertomographie) auf, die aus anderen Gründen durchgeführt werden. Da dadurch die Krebserkrankung auch häufiger in einem früheren und heilbaren Stadium entdeckt wird, hat die Sterblichkeit (Letalität) im Zusammenhang mit Nierenzellenkarzinomen insgesamt abgenommen.

Risikofaktoren

Hinsichtlich der Entstehung eines Nierenzellkarzinoms liegt vieles noch im Unklaren. Neben erblichen Faktoren sowie genetischen Veränderungen, die spontan und zufällig im Lauf des Lebens aufzutreten scheinen, konnten auch einige äußere Risikofaktoren identifiziert werden. Zu diesen gehören das Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck und eine länger bestehende Einschränkung der Nierenfunktion, typischerweise in Verbindung mit langzeitiger Dialyse. Langjähriger Missbrauch bestimmter Schmerzmittel oder eine berufliche Belastung mit bestimmten Giftstoffen wie Blei, Asbest und Nebenprodukten der erdölverarbeitenden Industrie können ebenfalls zu einem erhöhten Karzinom-Risiko führen.

Manche Erbkrankheiten (tuberöse Sklerose, Von-Hippel-Lindau-Krankheit) gehen ebenfalls mit dem gehäuften Auftreten von Nierenzellkarzinomen einher.

Symptome

Die Mehrzahl der Nierenzellkarzinome wird derzeit zufällig im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung oder einer Computertomographie gefunden. Der lokal begrenzte Tumor ist praktisch immer ohne Symptome. Die typische Symptomen-Kombination aus Flankenschmerzen, sichtbarem Blut im Harn und einer tastbaren Schwellung im Bauch ist meist Zeichen eines fortgeschrittenen Tumors und heutzutage zumindest in Österreich als erstes Anzeichen der Erkrankung selten. Eine neu aufgetretene Erweiterung der Hodenvenen (Varikozele) beim Erwachsenen Mann, speziell auf der linken Seite, kann auf ein Nierenzellkarzinom hindeuten und sollte von einem Facharzt für Urologie abgeklärt werden. In fortgeschrittenerem Stadium können wie bei vielen Krebserkrankungen Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Fieber oder ungewollter Gewichtsverlust hinzukommen. In einer Blutuntersuchung werden dann auch nicht selten Veränderungen des Kalziumstoffwechsels oder eine Blutarmut festgestellt. Manche Nierenzellkarzinome erlangen im Laufe ihrer Entwicklung die Fähigkeit, verschiedene Hormone zu produzieren. Diese Hormone greifen in den Wasser- und Elektrolythaushalt, den Zucker- und Knochenstoffwechsel sowie die Blutbildung ein und rufen so diverse Symptome hervor.

Diagnose

Die oben beschriebenen Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Fieber oder ungewollter Gewichtsverlust lassen nicht zwingend auf ein Nierenzellkarzinom schließen und werden meist von anderen, wesentlich harmloseren Erkrankungen verursacht. Ebensowenig kann eine Blut- oder Harnuntersuchung alleine einen eindeutigen Hinweis auf das Vorliegen eines Nierenzellkarzinoms liefern. Allenfalls können bestimmte Befunde wie etwa Blutarmut, eine Erhöhung des Kalziumspiegels oder eine Veränderung der Zusammensetzung der Blutzellen eine weitere Abklärung notwendig machen, in deren Verlauf ein Nierenzellkarzinom als Ursache zu Tage tritt. In den meisten Fällen wird jedoch die beschriebene Veränderung von anderen, harmloseren Krankheiten als dem Nierenzellkarzinom verursacht.

Bei einer äußerlichen Untersuchung durch den Arzt fallen nur sehr große, meist fortgeschrittene Tumoren auf. Eine bessere Beurteilung ermöglicht eine Ultraschalluntersuchung der Niere. Diese ist schmerzfrei und verursacht keine Strahlenbelastung. Zur exakten Beurteilung ist eine Computertomographie mit einem über die Vene verabreichten Kontrastmittel nötig. Dabei können nicht nur Größe und Lage eines Nierentumors, sondern auch der Befall von Lymphdrüsen oder anderen Organen im Brust- und Bauchraum beurteilt werden. Sollte bei Vorliegen eines Nierenzellkarzinoms der Verdacht auf Befall der Knochen oder des Gehirns bestehen, wird die Abklärung mittels Computertomographie des Schädels oder einer nuklearmedizinischen Knochenuntersuchung (Knochen-Scan) vervollständigt.


Die endgültige Diagnose inklusive einer genauen Analyse der Tumorzellen und der Ausbreitung des Tumors wird in der feingeweblichen Untersuchung nach Entfernung der Geschwulst gestellt.

Früherkennung

Da die Erkrankung relativ selten ist, wird eine Durchuntersuchung zur Früherkennung des Nierenzellkarzinoms derzeit nicht allgemein empfohlen. Harn- oder Bluttests, die einen direkten Hinweis auf das Vorliegen eines Nierenzellkarzinom geben könnten (Tumormarker), gibt es bislang nicht. Eine generelle Empfehlung zur Computertomographie als Möglichkeit der Früherkennung verbietet sich angesichts der Strahlenbelastung und der Risiken einer Kontrastmittelgabe. Die Ultraschalluntersuchung der Nieren allerdings ist schmerzfrei, mit keiner Strahlenbelastung verbunden und kann helfen, ein Nierenzellkarzinom in einem frühen und heilbarem Stadium zu entdecken.

Therapie

Die Therapie des Nierenzellkarzinoms richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose. Ist der Tumor auf die Niere und das unmittelbar umliegende Gewebe beschränkt, zielt die Therapie auf die chirurgische Entfernung und damit die Heilung der Erkrankung ab. Liegt ein Befall anderer Organe vor, stehen die Verzögerung des Tumorwachstums und die Linderung allfälliger Beschwerden im Vordergrund.

Das Stadium der Erkrankung wird, wie bei anderen Tumoren auch, mit Hilfe der TNM-Klassifikation festgelegt. Herangezogen werden hierzu sowohl die Befunde der bildgebenden Untersuchungen wie z.B. jene der Computertomographie, als auch das Ergebnis der postoperativen feingeweblichen Aufarbeitung des entfernten Tumors. Ausschlaggebend sind die Größe des Tumors und der Befall anderer Organe, der Blutgefäße oder der Lymphdrüsen. Weiters wird durch die mikroskopische Untersuchung der entfernte Tumor einer Unterkategorie (klarzelliges oder nicht-klarzelliges Nierenzellkarzinom) zugeordnet und die Aggressivität der Tumorzellen beurteilt. Gemeinsam mit der TNM-Klassifikation können daraus Schlüsse auf die Prognose der Erkrankung gezogen werden.

Therapie im frühen, lokalisierten Stadium

Ist die Erkrankung auf die Niere beschränkt, zielt die Therapie auf eine Heilung ab. Dazu muss die Geschwulst durch eine Operation entfernt werden. Wenn möglich wird hierbei lediglich der Tumor aus der Niere entfernt und das restliche Organ erhalten. In der Fachsprache bezeichnet man das als Nierenteilresektion. Dieses Vorgehen ist nicht mit einem erhöhten Risiko des Wiederauftretens des Tumors (Rezidiv) verbunden, ermöglicht langfristig die Erhaltung einer besseren Nierenfunktion und beugt dem Auftreten anderer Erkrankungen (etwa des Herz-Kreislaufsystems) vor. Bei großen und ungünstig gelegenen Tumoren muss aber gegebenenfalls die gesamte Niere entnommen werden. In diesem Fall übernimmt die zweite Niere – eine normale Funktion vorausgesetzt – die Aufgaben des entfernten Organs. Im Allgemeinen wird heutzutage die Niere knopflochchirurgisch – also ohne großen Hautschnitt – entfernt. Bei kleineren und günstig gelegenen Tumoren kann unter Umständen auch eine Nierenteilresektion mittels Knopflochchirurgie durchgeführt werden. Eine Reihe anderer Verfahren (Radio-Frequenz-Ablation, Kryotherapie, HIFU), bei denen keine oder nur kleine operative Eingriffe nötig sind, konnten sich bislang als Standard nicht durchsetzen. Sehr kleine Tumoren können in Einzelfällen – vor allem bei älteren Patienten und bei Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand – auch belassen und lediglich nachkontrolliert werden. Eine Chemotherapie vor oder nach Entfernung des Tumors, wie sie bei vielen anderen Tumoren durchgeführt wird, bringt nach jetzigem Wissen beim Nierenzellkarzinom keine Vorteile. Bei einem fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom (siehe nächstes Kapitel) wird seit einigen Jahren eine neue Generation von Medikamenten eingesetzt. Ob diese auch in der Therapie des frühen, lokalisierten Stadiums einen Vorteil bringen, wird derzeit im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen erforscht.

Therapie im fortgeschrittenen, metastasierten Stadium

Wie auch andere bösartige Tumoren können Nierenzellkarzinome im Verlauf ihres Wachstums Ableger in anderen Organen bilden – sogenannte Metastasen. Wenn es der Gesundheitszustand des Patienten erlaubt, wird in dieser Situation meist als erster Schritt entweder der Tumor in der Niere oder die komplette Niere entfernt. Auch einzelne oder einige wenige Metastasen können, so sie an einer zugänglichen Stelle gelegen sind, operativ entfernt werden. Die weitere Therapie zielt auf eine Verzögerung des Tumorwachstums und die Linderung allfälliger Beschwerden ab. Seit einigen Jahren wird eine neue Generation von Medikamenten eingesetzt, die die Neubildung von Blutgefäßen im Tumor behindern und den Tumor so in seinem Wachstum hemmen. Die meisten dieser Medikamente können als Tabletten eingenommen werden und sind im Allgemeinen besser verträglich als herkömmliche Chemotherapien. Besonders wichtig ist die adäquate Behandlung allenfalls auftretender Schmerzen. Hierzu können sehr effektiv eine Reihe medikamentöser Therapien und unter Umständen eine Strahlentherapie eingesetzt werden.

Weiterführendes

Hier sammeln wir Wissenswertes zum besprochenen Thema. Dieser Bereich wird auch laufend aktualisiert und erweitert.


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